Orthomolekulare Therapie – Stressmedizin
Die orthomolekulare Therapie geht auf Überlegungen des zweifachen Nobelpreisträgers Prof. Dr. Linus Pauling zurück. Dieser definierte seinen Ansatz als Verbindung zwischen Ernährungswissenschaften und medizinischer Forschung. Das Ziel der orthomolekularen Therapie ist, Krankheiten durch die Regulation der Konzentration natürlich im Körper vorkommender Substanzen zu behandeln und eine allgemein gute Gesundheit zu erhalten. Sie kann also auch als Präventivmaßnahme zur Stärkung der Immunabwehr dienen. Dabei soll für jeden Patienten individuell ergründet werden, welche Nährstoffe verstärkt oder vermindert zuzuführen sind. Auch die Mitochondrien – die Zellreaktoren des Körpers – spielen bei dieser Therapieform eine wichtige Rolle. Lesen Sie weiter unten mehr zu den Mitochondrien.
Valide wissenschaftliche Studien zur Wirkung und Wirksamkeit der orthomolekularen Medizin liegen nicht ausreichend vor, die wissenschaftlichen Lager haben noch keinen Konsens gefunden. Sie gehört demnach zu den alternativmedizinischen Disziplinen. Um das klarzustellen, Pauling hat seine beiden Nobelpreise nicht für die maßgebliche Mitentwicklung der orthomolekularen Therapie erhalten. Seine chemischen Forschungen waren aber sicherlich prägend.
Falsche oder einseitige Ernährung durch Fastfood, zu fette oder zu salzhaltige Lebensmittel und vor allem die zahlreichen Zusatzstoffe gehören zu den Auslösern moderner „Zivilisationskrankheiten“. Dazu kommen Belastungen durch Alltagsstress und die Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft, die dazu beitragen, dass der Körper ein Nährstoffdefizit aufbaut.
Dagegen werden wichtige Nährstoffe häufig nicht in ausreichender Menge konsumiert. Auch können manche Krankheiten einen zusätzlichen Bedarf bestimmter Nährstoffe auslösen, welcher über die normale Ernährung allein nicht mehr zu decken ist. Solche Resorptionsstörungen können beispielsweise bei Entzündungen der Magen- und Darmschleimhäute, bei einem Mangel an Verdauungssäften oder bei Dysbiose auftreten. Die Dysbiose ist eine Fehlbesiedlung des Darms mit Bakterien, welche die wichtigen Bakterien, die unsere Verdauung unterstützen, verdrängen.
Nährstoffdefizite können auch durch einen Mangel an Vitaminen oder Mineralien ausgelöst werden. Wadenkrämpfe sind zum Beispiel ein Zeichen für möglichen Magnesiummangel. Hier kann hoher Koffein-Konsum Schuld sein, denn das Koffein regt den Körper an, Magnesium, Kalium und andere Mineralien verstärkt auszuscheiden. Auch Alkohol, Tabakkonsum oder medikamentöse Behandlungen wirken sich oft auf den Nährstoffhaushalt aus. Des Weiteren besteht ein erhöhter Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft und der Stillzeit, bei intensiven sportlichen Aktivitäten, im Wachstum oder bei verschiedenen Erkrankungen. Häufige Infekte, anhaltende Müdigkeit und Kraftlosigkeit können Anzeichen für den Mangel wichtiger Nährstoffe sein.
Wie wird die orthomolekulare Medizin angewandt?
Wie bereits erwähnt, kann die orthomolekulare Medizin aus meiner Sicht alternativ zur Behandlung verschiedener Beschwerden eingesetzt werden und ist auch als Präventivmaßnahme möglich. Orthomolekulare Wirkstoffe werden dem Körper in Form von Kapseln oder Tabletten oder per Infusion oder Injektion zugeführt. Die intravenöse Verabreichung hat den Vorteil, dass die Sperren des Darms umgangen werden und eine größere Konzentration der Stoffe im Blut erreichbar ist.
Die Bedeutung der Mitochondrien für den Stoffwechsel
Die orthomolekulare Therapie soll zur Unterstützung des Stoffwechsels dienen. Dabei spielen die Mitochondrien, die in fast allen Zellen zu finden sind, eine besonders wichtige Rolle. Die Mitochondrien erzeugen das Energiemolekül ATP, welches gut die Hälfte des täglichen Kalorienverbrauchs ausmacht. Über ihre Membranen steuern die Mitochondrien die Zellatmung. Des Weiteren laufen zahlreiche Stoffwechselprozesse über diese Organellen ab. Unter anderem werden in ihnen Fettsäure oder Pyruvat (ein Abbauprodukt von Traubenzucker) abgebaut sowie Eisen und Schwefel zur Verwertung in Enzymen produziert. Außerdem wird Calcium in den Mitochondrien gespeichert und es laufen Entgiftungsprozesse des Harnstoffzyklus in ihnen ab.
Erkrankungen und Fehlfunktionen der Mitochondrien
Da die Mitochondrien so wichtig für unseren Stoffwechsel sind, können Fehlfunktionen oder Erkrankungen dieser Zellorganellen schwerwiegende Folgen haben. Oft sind genetische Defekte oder Erbkrankheiten der Grund dafür, doch auch Belastungen durch Chemikalien, mechanische Verletzungen die das Nervensystem beeinträchtigen (z. B. Wirbelsäulentrauma) oder Störungen der Entgiftungsfunktionen des Körpers können die Mitochondrien in Mitleidenschaft ziehen. Als Folge können Entzündungsprozesse im Körper entstehen und über lange Zeit hinweg unbemerkt schwelen. Dadurch werden im betroffenen Gewebe mitunter große Mengen von schädlichen Radikalen frei.
Diese Radikale sind in der Lage, das den Mitochondrien eigene Erbgut – die mtDNA – zu schädigen. Diese besitzt im Gegensatz zur Kern-DNA keine Selbstheilungseigenschaften. Als Ausgleich verfügen Zellen über mehrere identische Mitochondrien, die Ausfälle und Energieverluste abfangen. Unter starkem Radikaleinfluss reicht dies nicht aus – angegriffene Mitochondrien verlieren ihre Funktionsfähigkeit. Es kann sogar geschehen, dass sich beschädigte mtDNA bei der Vervielfältigung der Mitochondrien ausbreitet und der betroffenen Zelle weiteren Schaden zufügt.
Als weitere mögliche Folge der Belastung durch Radikale können in den Mitochondrien enthaltene Enzyme ausfallen. Dadurch können Zellatmung und Energieaufnahme zum Erliegen kommen. Daraus kann sich – so die Anhänger der Mitochondrien-Fokussierung – ein regelrechter Teufelskreis entwickeln, der schwere Gesundheitsschäden nach sich ziehen kann.
Dem stimmt die wissenschaftliche evidenzbasierte Medizin allerdings nicht zu. Die auf Mitochondrien fokussierte Therapie gehört ebenfalls zu den Verfahren, deren Wirkung und Wirksamkeit durch wissenschaftliche Studien nicht nachgewiesen ist.